Are we not men?! – Wie Tapeten aus Junggesellen Männer machen

Are we not men?! – Wie Tapeten aus Junggesellen Männer machen

Eine stilvolle Einrichtung der eigenen vier Wände bedarf nicht nur einer sicheren Hand bei der Auswahl von Möbeln und Bildern sowie eines guten Auges für Räume und Proportionen. Ganz entscheidend ist auch der Rahmen, den man sich setzt. Und dieser Rahmen wird von der richtigen Tapete gesetzt.

Die klassische Raufasertapete (so praktisch sie einmal gewesen sein mag – was die alles kaschieren kann!) ist nur in den seltensten Fällen noch Mittel der Wahl bei der Gestaltung der Lebensumgebung. Wie aber geht man vor, wenn man sich (vielleicht erstmals) der spannenden Herausforderung stellt, seinem Zuhause einen persönlichen Charakter zu verleihen?

In längst vergangenen bürgerlichen Zeiten war die Verteilung noch klar: die Rolle der Frau lag in der Familie, in Mutterschaft und Häuslichkeit, und sie war auch für die Gestaltung des Heims zuständig. Der Mann hingegen definierte sich über alles, was außerhalb lag – Produktion, Geschäft, Politik, Arbeit. In der familiären Repräsentation als Vater und Ehemann war er durchaus abhängig von den geschmacklichen Qualitäten und dem Stilempfinden seiner Ehefrau.

Trotz inzwischen aufgebrochener Geschlechterklischees lässt sich auch heute noch allzu oft konstatieren, dass Frauen ihren Wohnstil (und damit ihre größte Visitenkarte) bestens im Griff haben, während auf der anderen Seite das Klischee des lust- und geschmacklosen Junggesellenhaushalts… – fühlen Sie sich etwa angesprochen?

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Nun müssen Sie nicht metrosexuell werden oder sich einen Hipsterbart stehen lassen, um sich selber als geschmackvollen Gestalter Ihrer nächsten Lebenssphäre zu entdecken: bereits in den ersten Ausgaben des Playboy Magazine Mitte der 1950er Jahre wurde der Leser zum selbstbewussten Selber-Einrichten seines Single-Appartements aufgefordert:

“Das Heim eines Mannes ist sein Schloss oder sollte es zumindest sein, der äußere Ausdruck seines inneren Wesens – ein behaglicher, lebendiger und aufregender Ausdruck seiner Persönlichkeit und des Lebens, das er führt. Aber die überwältigende Mehrheit der Wohnungen wird von Frauen eingerichtet. Wo bleibt der Junggeselle mit seinem Bedürfnis nach einem Ort, den er sein eigen nennen darf?” (US Playboy Oktober 1956, S.65, zit. nach Beatriz Preciado)

Man darf annehmen, dass die Playboy-Kultur keinen geringen Anteil daran hatte, das Rollenbild des Junggesellen von der Kneipe, dem Angeln, dem Kartenspiel und dem Sportplatz hin zum Gastgeber zu verschieben. Die eigenen vier Wände wurden vor allem in den Städten zum Repräsentationsrahmen für geschmackvolle Heimabende mit Freunden, Freundinnen und ein paar Drinks – und dienten dabei der Selbstdarstellung ihres Bewohners. Gerade mit der seit Mitte des 20. Jahrhunderts stark gestiegenen Zahl an Singles darf man auch annehmen, dass deren Wohnungen eine nicht geringe Rolle spielen in ihrer Selbstvermarktung auf dem Handelsplatz der Herzen und Eitelkeiten.

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Dieser Trend zur Selbstdefinition und Selbstdarstellung auf dem Wege der Wohnungsgestaltung spiegelt sich auch wieder in entsprechenden Presseformaten: so lässt die Neue Zürcher Zeitung einmal monatlich in ihrem Folio anhand von Wohnungsfotos eine Psychologin und einen Innenarchitekten sich deren Bewohner imaginieren (mit anschließender Auflösung natürlich). Die grassierenden Stil-Beilagen der Sonntagszeitungen befragen gar sogenannte Wohnpsychologen dazu, was Frauen aus den Wohnungen von Männern herauslesen… und neben manchem überkommenen Geschlechter-Stereotyp dürfte sich der männliche Leser dann doch gelegentlich ertappt vorkommen. Und in der Folge seine Wohnung noch einmal mit neuen Augen betrachten. Und vielleicht etwas ändern wollen.

Solche Änderungen gelingen womöglich ohne Wohnpsychologen noch am besten; es sollte reichen, sich einmal in Ruhe mit den eigenen Bedürfnissen und Geschmäckern auseinanderzusetzen. Als Einstieg reicht es schon aus, einige wenige Staubfänger aus der Wohnung zu entsorgen und das Vorhandene neu zu arrangieren. Aber auch für eine tiefergehende Veränderung, eine wirklich Auffrischung, einen völlig neuen Wohncharakter muss man nicht seine ganze Einrichtung austauschen. Ein neu definierter Rahmen für die bewährte Einrichtung verwandelt alles und setzt eine klare Ansage gegen die Einfallslosigkeit leerer Wände.

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Die heute sehr große Auswahl an Tapetenmustern und -motiven mit vorder- oder hintergründiger Botschaft, ihre vergleichsweise leichte Anbringung und Veränderung, ihr vielfältiger Einsatz als einstreifiges Zitat oder umfassende Raumcharakterisierung ermöglichen es jedermann, seinen individualistischen oder klassischen, subtilen oder direkten Stil zu formulieren. Im Katalog von Tapeten der 70er sind die Designs beispielsweise nach den Kategorien floral, barock, glamourös, romantisch, geometrisch, gestreift und (natürlich!) I love the 70s sortiert. Wer sich glamouröse oder romantische Wände für sein Zuhause lieber gar nicht erst vorstellen mag, hat somit immer noch hunderte andere Designs zur Auswahl. Und wer sein Peter-Pan-Syndrom auch mit Tapeten in der Wohnung ausleben mag, findet sicher etwas unter den über einhundert Kindertapeten (auch abwaschbar) – je nach Einsatz überzeugen die auch im Herrenzimmer durchaus. Über die unvermeidlichen Unsicherheiten einer ersten Auswahl hilft die Möglichkeit, sich deren Muster auszudrucken oder als Probe zusenden zu lassen.

Tapeziert wird dann an einem Wochenende, ein bester Freund als Hilfe reicht dazu allemal aus. Wenn es auch fürs erste nur eine Wand des Wohnzimmers ist – der Effekt strahlt aus über Möbel und Blickachsen bis auf den Bewohner selbst. Und macht vielleicht bald Lust auf mehr Tapete (vor allem dem besten Freund).

Zum Schluss bleibt nur die Frage, ob man zur stolzen Präsentation und Einweihung wirklich gleich alle seine Freunde einlädt, oder doch erstmal den kleinen Rahmen vorzieht…

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